Endlich! Der Höhepunkt unserer musikalischen Sommersaison war erreicht, und am Sonntag war erst noch trockenes Wetter angesagt. So sammelten sich die MVN-ler an Bushaltestellen und am Bahnhof und fanden schliesslich im Zug nach Schlieren zusammen.
Es war erst 07:39, als unser Zug Winterthur verliess – aus Musikantensicht noch mitten in der Nacht. Trotzdem war die Stimmung aufgeräumt, und wir bezogen voller Vorfreude das Instrumentendepot. Rasch ging es weiter zum Vorprobelokal – um die Zeit ist es doppelt wichtig, sich gut einzublasen, da der Ansatz erst mal aktiviert werden muss. Wir spielten nach kurzem Aufwärmen die Anfänge aller vier Stücke durch, und dann wurden die Instrumente nochmals gründlich nachgestimmt.
Die grosse reformierte Kirche Schlieren war weitgehend leer, als wir dort eintrafen. Ausser den Juroren auf der Empore verloren sich vielleicht zwei Dutzend Zuhörer/innen im Kirchenschiff. Verglichen mit dem Erlebnis in Montreux 2016, wo wir in einem rappelvollen, wunderbaren Jugendstil-Saal hatten spielen dürfen, war das schon kein besonders motivierendes Setting. Zudem sorgte ein auf dem Weg vom Vorprobelokal hierher verloren gegangenes Mundstück (Name der Redaktion bekannt) für kurze Aufregung, doch jemand hatte es gefunden und hergebracht – uffff.
Dann aber war es soweit: die Ansagerin trug unsere Erläuterungen zum Kontext des Konzerts vor, Vitalij Vosnjak hob den Taktstock und wir unsere Instrumente zum fulminanten Einstieg mit «On The Shoulders Of Giants». Aber was soll ich schon darüber schreiben – Martin Huber hat netterweise die vier Stücke aufgenommen, schauen Sie doch selber.
Gut zwanzig Minuten später verklang der letzte Akkord von «My Dream», und die paar Anwesenden gaben sich redlich Mühe, einen tosenden Applaus hinzukriegen. Spass beiseite, obwohl man sich wochen- und monatelang auf diesen Moment vorbereitet hat, ist man doch irgendwie erleichtert, wenn man es ohne grössere Patzer überstanden hat.
Im anschliessenden Bewertungsgespräch wurde unser Vortrag detailliert besprochen – manchmal tönten die Hinweise des Experten wie ein Echo auf Vitalijs Anweisungen in den Proben, womit bewiesen wäre, dass diese sehr wohl ihre Berechtigung haben und wir uns Mühe geben sollten, diese auch umzusetzen. An diesem Kantonalen war bestimmt worden, dass die Punktzahl bei den Bewertungsgesprächen nicht kommuniziert werde, um die Spannung bis zur Rangverkündigung hoch zu halten.
Sie möchte ich aber nicht auf die Folter spannen: wir wurden für unsere Bemühungen mit 87 Punkten belohnt. Das sind 12 Punkte mehr als am Weinländer vor vier Wochen wo wir mit 75 Punkten enttäuscht worden waren. Entsprechend gross war die Freude, als wir das am Abend erfuhren.
Nach dem Transfer nach Urdorf ging’s langsam zum Mittagessen ins grosse Festzelt. Dort wurden wir von Schäbbyschigg unterhalten. Leider hörte man hinten bei unserem Tisch nicht viel von ihrem super Auftritt. Der Schreibende verbrachte deshalb viel Zeit vor der Bühne und war von den fünf Musikern hell begeistert.
Wir hatten dann noch etwas Zeit, um die ersten Formationen auf der Marschmusikstrecke anzuhören, und dann ging’s wieder zum Instrumentendepot, da unser eigener Paradeauftritt anstand.
Auch dazu gibt es nicht viel zu sagen: das Kurzvideo und die Fotos zeigen, dass wir praktisch perfekt marschiert sind. Musikalisch waren wir nicht ganz so zufrieden mit uns, doch waren wir sehr erleichtert, als wir am Abend erfuhren, dass mit 80.5 Punkten wie am Weinländer wieder im sehr guten Bereich gelandet waren.
Im Festzelt hatte die Harmonie Adliswil inzwischen die Stimmung aufgeheizt. Auch durften wir uns (endlich) auch ein Bierchen gönnen, denn solange gespielt werden muss, herrscht beim MVN Alkoholverbot. So fiel die Anspannung von uns ab und wir konnten eine Zeit lang die Partystimmung geniessen.
Um 17 Uhr leerte sich das Festzelt wegen des Gesamtchors, um sich gegen 18 Uhr für die Rangverkündigung wieder zu füllen. Doch die obligate Fahnenübergabe, die unzähligen Voten verschiedenster «Würdenträger» und die immer wieder wiederholte Aufforderung des Speakers, bitte still zu sein, liessen die gute Stimmung in Irritation umschlagen. Als dann – wohl auch um die «Stille» zu fördern – die Getränkeausgabe eingestellt wurde, kriegten viele akuten Stalldrang. Und so kam es, dass Sekunden nach Bekanntgabe der Punktzahl die grosse Flucht begann.
Doch trotz dieses etwas unglücklichen Schlusses: Es war ein gelungenes «Kantonales», und auch wir vom MVN möchten den veranstaltenden Musikvereinen von Schlieren und Urdorf einen grossen Dank dafür aussprechen.